Rumpfreparatur Gö 4

Projekt Rumpfreparatur „Gö 4“ vom 28.12.2013 bis 20.05.2015

Technische Daten

Kennzeichen: D – 8184
Baujahr: 1951
Typ: Gö 4
Sitze: 2
Spannweite: 14,80 m
Rumpflänge: 6,74 m
Flügelfläche: 19 m²
Flügelstreckung: 11,5
Geringstes sinken ca.: 0,9 ms bei ca. 60 Km/h
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
Beste Gleitzahl: 1:19 bei ca. 60 km/h
Leermasse: 180 kg
Höchstflugmasse: 350 kg
   

Der bisherige Lebensweg der Gö-4

  • Unsere GÖ 4 III (Werk-Nr. 409) wurde am 31.05.1952 von der Fa. Wolf Hirth in Nabern mit dem Kennzeichen D-8102 an den Luftsportverband Niedersachsen e.V., Hildesheim ausgeliefert. Der Luftsportverband vermietete die GÖ4 an zahlreiche Flugvereine. Im rauen Flug- und Ausbildungsbetrieb kam es immer wieder zu Beschädigungen, die mehr oder weniger fachgerecht behoben wurden.

  • Im Juni 1954 wurde der GÖ4 das Kennzeichen D-6041 zugeteilt.

  • Die erste Grundüberholung fand 1955/56 bei Segelflugzeugbau G. Buller in Salzgitter-Bad statt.

  • Die GÖ4 wurde für 2500 DM an den Luftsportverein Günther Groenhoff e.V. in Stade verkauft.

  • Der Verein schenkte der Jugendbildungsstätte für Luftfahrt und Technik e.V. Kirchhellen (Flugplatz Schwarze Heide) das vorher zu Bruch gegangene Flugzeug. Die GÖ4 wurde repariert, zum zweiten Mal grundüberholt, neu bespannt und am 03.08.1967 wurde ihr das Kennzeichen D-5846 zugeteilt.

  • wurde sie dann unter dem Kennzeichen D-5846 von der Jubi Kirchhellen an den Luftsportverein Gelderland e.V. verkauft.

  • Sie gelangte ins Ausland nach Belgien und flog dort unter dem Kennzeichen OO-ZHW bis 1988.

  • holten Mitglieder der Flugsportgruppe Wolf Hirth den Flieger aus Belgien in seine Heimat zurück. Am 06.09.1988 wurde eine ausführliche Befundung von Josef Prasser (Fa. Wolf Hirth Nabern) durchgeführt. Es wurden anschließend aufwendige Instandsetzungsarbeiten bei Fa. Schempp Hirth Kirchheim und Fa. Wolf Hirth Nabern durchgeführt

  • wurde die Grundüberholung beim Aero Club Stuttgart unter Leitung von Ralf Riethmüller fortgeführt und abgeschlossen. Danach wurde die Gö4 in einer Haltergemeinschaft um Walter Eisele auf der Hahnweide betrieben.

  • kam es zu einem Landeunfall, bei dem der Rumpf beschädigt wurde. Bei einer Landung auf der Asphaltpiste Flugplatz Hahnweide/Teck hat die Gö 4 sehr hart aufgesetzt, was zur Folge hatte, dass Kufe, Fahrwerk und die Unterseite des Rumpfes sehr stark beschädigt wurden.
    Es blieb beim Schaden an der Gö 4, niemand hat sich hierbei ernsthaft „weh getan“. Die Haltergemeinschaft schenkte darauf die GÖ4 dem Fliegenden Museum Hahnweide (FMH). Die sogenannten „Holzwürmer“; alle Mitglieder des FMH bzw. des Sportfliegerclubs Stuttgart machten sich über den Bruch her

  • fliegt unsere Gö-4 wieder.

Ankunft beim SCS, Sichtung des Schadens

Von vorn oben sieht alles recht gut aus, aber…


…dem Unterseitenbereich Kufe/Fahrwerk/Rumpfvorderbereich unten hat die Asphaltpiste sehr zugesetzt.


Da gibt es für die „Holzwürmertruppe“ reichlich zu tun.


Als Bauprüfer konnten wir Andreas Streble wieder gewinnen, der den Schaden besichtigte und uns sehr gute Ratschläge gegeben hat, wie wir die Reparatur angehen sollen, vielen Dank dafür.

Herbert Kersten, unser „Werkstattleiter Holz“ beim Sportflieger-Club Stuttgart, hat einen ausführlichen Befundbericht verfasst.


Ausführlicher Befundbericht:

Muster: Gö 4
Hersteller: Schempp Hirth
Baunummer: 409
Zulassung: D-8184

  • Pos. 1, Radholm links:
    Der Radholm links ist zur Hälfte völlig zerstört. Hier wird eine Neuanfertigung nach Zeichnungsnummer: 108-6120-U24 (L) notwendig.
  • Pos. 2, Radholm rechts:
    Dieser Radholm ist im Bereich der Krafteinleitung der Radachse ausgebrochen. Auch dieser Radholm muß durch eine Neuanfertigung ersetzt werden, da eine weitere Schädigung innerhalb des Holms anzunehmen ist.
    Zeichnungsnummer: 108-6120-U20
  • Pos. 3, Spant 2 Mitte delaminiert:
    In der Mitte des Spant 2 ist durch Überbeanspruchung der Kufe eine Schadstelle zu erkennen.
    Um den Schaden genau zu untersuchen ist es erforderlich, die Sperrholzbeplankung in diesem Bereich zu öffnen. Nach der Begutachtung ein neues Stück einschäften.
  • Pos. 4, Spant 3:
    An Spant 3 sind keine offensichtlichen Schäden zu sehen. Nur im Bereich der Rumpfbeplankung unmittelbar am Spant eine Schadstelle. Hier muß durch abklopfen überprüft werden, ob die Leimungen noch in Ordnung sind.
  • Pos. 5, Spant 4:
    Der an Spant 4 angeschraubte Gummipuffer führte dazu, dass der Spant in der Mitte stark beschädigt wurde. Hier brach die Halterung völlig heraus. Um diesen Schaden zu reparieren, muss die Beplankung entfernt, fehlende Holzstücke ersetzt, und der Spant wieder verschlossen werden.
    Zeichnungsnummer: 108-6112-U14 , 108-6112-U15
  • Pos. 6, Spant 5:
    Dieser aus den 2 Halbspanten bestehende Spant ist links und rechts teilweise von der Rumpfschale gelöst worden. Nach eingehender Prüfung können wahrscheinlich beide Halbspanten wieder neu verleimt werden.
  • Pos. 7, Spant 6:
    Dieser wurde unten links völlig zerstört. Die Beplankung ist bis zur Mitte eingerissen, Leisten fehlen links völlig. Der Gurt der Außenkontur links ist gebrochen oder fehlt. Zur Instandsetzung müssen zum Teil die Steuerseile getrennt werden, da einige Kupferdurchführungen und Beplankungsteile ersetzt werden müssen.
    Zeichnungsnummer: 108-6112-U26, 108-6112-U27
  • Pos. 8, Spant 7:
    Bei Spant 7 ist unten, wo die Seile laufen, der Gurt gerissen und die Leiste zum Knoten lose.
    Auch ist die Beplankung im Bereich der Seile ausgefranst. Hier muß ein neues Stück Gurt eingeschäftet werden, und die Beplankung mit der Leiste eingeleimt werden.
    Zeichnungsnummer: 108-6112-U29
  • Pos. 9, Außenbeplankung stellenweise gebrochen, fehlt.
    Im Mittelbereich des Fahrwerkschachts fehlen einige Beplankungsstücke. Auch ist rechts vorne das Bodenbrett aus dem Rumpf getreten. Des weiteren sind Risse durch Überbeanspruchung auf der linken Seite zu sehen. Hier muß nach Beseitigung der unter Pos.1 – Pos. 8 aufgeführten Schäden, die Beplankung erneuert, bzw. eingeschäftet werden.
  • Pos. 10, Kufe:
    Die Kufe ist glatt gebrochen. Hier muß eine neue Kufe angefertigt und mit den bestehenden Teilen verleimt werden. Dazu ist es erforderlich eine Preßvorrichtung zu bauen.
    Zeichnungsnummer: 108-6110-U47, 108-6110-U48
  • Pos. 11, Schwerpunktkupplung abgeschliffen:
    Der Ring der Schwerpunktkupplung wurde abgeschliffen. Hier ist eine Überholung beim Hersteller notwendig. Dazu wird die Kupplung ausgebaut und zu Tost geschickt, um eine Austauschkupplung zu bekommen.
  • Pos. 12, Steuerseile:
    Da zur Reparatur an Spant 6 das Teil, wo die Steuerseile durchgeführt werden müssen, ersetzt wird, ist es nicht zu vermeiden betreffende Steuerseile zu ersetzen.
  • Pos. 13, Kupferseilführungen:
    Wie unter Pos. 12 schon erwähnt, müssen auch die betreffenden Seilführungen ersetzt werden.
  • Pos. 14, Sitzbrettauflage:
    An der linken Außenwand ist bei einer früheren Reparatur ein Stück in die Sitzbrettauflage geklebt worden, nun aber rausgebrochen. Diese Leiste wird nun entfernt und durch eine durchgehende Leiste ersetzt.

Die Pläne der „Gö 4“ hat uns die Firma Schempp-Hirth (Tilo Holighaus) zur Verfügung gestellt, vielen Dank hierfür.

Jetzt kann mit den Reparaturarbeiten begonnen werden.


Die Reparatur

Eine Pressvorrichtung für die Kufe wurde angefertigt und die Kufenbretter darin verleimt.


Die verleimte Kufe wurde aus der Pressvorrichtung genommen und die „Anschlussstücke“ für die Montage an den Rumpf aufgeleimt.


Jetzt ist die Kufe verputzt und einbaufertig.


Die zerstörten Rumpfunterspanten wurden nach Zeichnung Stück für Stück wieder aufgebaut und verleimt.


Hier wird begonnen einen Spant im Rumpf der Gö 4 wieder aufzubauen.
Noch geht es sehr langsam voran, denn alle Leimungen müssen ja aushärten bevor es weitergehen kann.


Leiste für Leiste muss eingepasst und verleimt werden.


Der Bau der Unterspannten macht jetzt richtige Vortschritte.


Alle Elemente der Steuerung werden gesichtet, zerlegt, repariert wo nötig, lackiert und wieder zusammengebaut.


Die beiden Fahrwerksspanten sind leider nicht mehr zu retten und müssen nach Zeichnung neu angefertigt werden.


Kein Problem für die „Holzwürmer“, die Fahrwerksspanten sind einbaufertig vorbereitet.


Der Gesamte Fahrwerkskasten zusammen mit den beiden Fahrwerksspanten wird außerhalb des Rumpfes vorgefertigt und zusammen mit der Knüppelsteuerung auf „Einbaumaß“ gebracht.


Der gesamte Fahrwerkskasten wird in den Rumpf „endeingepasst“ und eingeleimt.


Spant für Spant wird aufgebaut. Der Rumpf innen nimmt langsam wieder Kontur an.


Damit die Rumpfunterseite bearbeitet werden kann wurde die „Gö 4“ an die Hebezüge gehängt und umgedreht.


Wie man sieht, auch da gibt es viel zu tun für die „Holzwürmer“.
Längsstringer aufleimen, auffüttern zur Konturanpassung, Spanten verleimen und, und, und…



Und weiter geht es mit der Rumpfreparatur.
Der Hauptspant wurde beplankt, die Radachse eingepasst, die Knüppelsteuerung montiert und viele Winkelleisten etc. eingeleimt.
Die Teilefertigung nach Plänen ist nur bedingt passend, denn diese „Gö 4“ hat nicht den ersten Rumpfschaden erlebt und somit muss alles angepasst werden.


Die Aufnahme für die Windenschleppkupplung muss eingepasst und montiert werden.
Alles wird vor Endeinbau verputzt und lackiert.


Der Sitzbereich des Rumpfes ist schon soweit fertig, dass das „Sitzbrett“ nach Reparatur wieder lackiert und eingepasst werden konnte.


Die Rumpfunterseite muss noch zubeplankt werden, mit den Schäftungen wurde bereits begonnen.
Die Kufe wurde montiert und die Windenschleppkupplung eingebaut.


Jetzt ist die untere Rumpfbeplankung aufgeleimt und die Unmengen an „Nagelleisten“ wurden wieder abgetragen.
Jetzt geht es ans Verputzen und schleifen.
Das Rad muss noch eingebaut werden, da gibt es noch einiges für die neu einzubauende „Radbremse“ zu beachten.


Hier kann man die „Radbremse“ sehen, es ist ein Edelstahlblech, das mittels eines Seilzuges auf das Rad gedrückt wird.


Die Rumpfunterseite ist jetzt soweit verputzt und veschliffen worden, dass die „Fertiglackierung“ erfolgen konnte.
Herbert hat das mit geübter Hand perfekt durchgeführt.
Leider hat kein RAL-Farbton einigermaßen gepasst, sodass bei Fa. Hornbach nach Farbmustern eine spezielle Farbe gemischt wurde.
Die Farbnummer ist „Hornbach Nr. 20.01.01“, bei Bedarf kann diese unter dieser Nummer nachgekauft werden.


Alle Seilverbindungen etc. für die Steuerung wurden abgelängt und die Kauschen entsprechend verpresst, es musste eine ganze Anzahl Steuerseile ausgetauscht werden.
Alle „Spannschlösser“ wurden wieder gesichert, hat einiges an Einstellarbeit erfordert.

Das Instrumentenbrett wurde repariert/bestückt/verschlaucht und wieder eingebaut.


Der Innenraum/Sitzbereich/Rumpfbretter etc. wurden komplett neu lackiert.
Farbe „Seidenmatt Silbergrau RAL 7001“


Nun ist der „Gö 4-Rumpf“ wieder komplett hergestellt, auch die Haube hat wieder perfekt gepasst.


Nachdem der „Gö 4-Rumpf“ wieder komplett war, kam er in den Transportanhänger und wurde auf das Fluggelände Hahnweide/Teck transportiert.
Dort wird dann durch unseren Bauprüfer Andreas Streble die Endabnahme erfolgen.


Die Endabnahme

Nun ist es soweit. Am 22.05.2015 führte Andreas Streble zusammen mit uns die endgültige Bauabnahme durch.
Alle Einzelteile wurden von Andreas geprüft und eine Einzelteilwiegung wurde durchgeführt.


Nach der Wägung der Einzelteile wurde die „Gö 4“ komplett aufmontiert und Andreas (ganz links) konnte mit der Prüfung fortfahren.

Die Ausschläge aller Ruder wurden geprüft und nachgestellt, nachstellen war notwendig, da einige Steuerseile getauscht wurden und in der Werkstatt die Tragflächen und das Höhenruder nicht verfügbar waren.


Vorbereitung für Wägung „Fluggewichtsschwerpunkt“ am Hauptrad.


Vorbereitung für Wägung „Fluggewichtsschwerpunkt“ am Sporn.


Die Schwerpunktwägung war etwas aufwendiger, da der „Fluggewichtsschwerpunkt“ ermittelt werden musste.
Hierzu musste dann nicht nur das Flugzeug in die „Fluglage“ gebracht werden, sondern es wurde auch das richtige „Cockpitgewicht“ benötigt.
Bernhard Pfau (links) und Herbert Kersten (rechts) brachten zusammen das nötige Gewicht ins Cockpit.


Nachdem auch das notwendige „Papier“ bearbeitet war und alle Spannschlösser für die Querruder und Landeklappen gesichert waren konnte die „Gö 4“ wieder in den „Schlafanzug“ gesteckt und an die Hallendecke gehängt werden.

Andreas hat mit seinen „Röntgenaugen“ wie immer noch einige Dinge zur Abarbeitung gefunden, war aber mit unserer „Reparaturarbeit“ sehr zufrieden.
An Andreas nochmals vielen Dank.

Geflogen konnte an diesem Regentag leider nicht mehr, so dass der Einflugbericht zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt wurde.
Schön dass dieser Vogel wieder in die Luft gehen kann.


An alle, die bei dieser doch sehr anspruchsvollen Reparatur mitgearbeitet haben auch an dieser Stelle vielen Dank.

Für jeden Reparaturtag wurde ein Protokoll verfasst und viele, viele Fotos angefertigt, von denen nur wenige in diesem Bericht verwendet werden konnten, sonst wäre dieser Bericht viel zu lang geworden.
Diese vielen Fotos dienen dazu um zu dokumentieren wie alles gemacht wurde.

Jeder hat seine Arbeitszeit in den Ordner „Rumpf-Reparatur Gö 4“ eingetragen. In Summe hatten wir mehr als 500 Arbeitsstunden aufgewendet, das war deutlich mehr als vorgeplant, aber wie immer, wenn man dann diverse Stellen öffnet, dann sieht man erst so richtig was da noch zusätzlich gemacht werden muss.

Für uns „Holzwürmer“ kein Problem, denn Zeit um alles mindestens 100-prozentig zu machen nehmen wir uns einfach.