Um es vorweg zu sagen: Ein Streckensegelflug als Zielflug, an dem man abends ganz woanders ist, als zu Hause auf der Hahnweide ist ein Erlebnis der ganz besonderen Art.

Für Georg und mich ging am 11. und 12.Juni 2021 ein Traum in Erfüllung. Immer wieder angedacht, aber letztendlich nie verwirklicht wollten wir schon immer im reinen Segelflug dorthin fliegen, wo es uns jeden Sommer ins Fluglager hinzieht: nach Südfrankreich.

Eine Woche zuvor waren Thomas und ich in Serres und sind dort eine Woche lang recht schön zum Fliegen gekommen. Entscheidend dabei war, dass wir gleich am ersten Tag einen Flug über Chambery zum Grand Colombier, einem Höhenzug westlich von Genf, unternommen haben. Wir hätten gut weiter ins Jura fliegen können, waren uns aber zu unsicher wegen der Lufträume. Danach sind wir fast jeden Tag die Route über den Vercors und die Chartreuse nach Chambery geflogen, insofern kannte ich mich dort nun ganz gut aus.

In Serres findet man auf dem Flugplatz beste Bedingungen vor, um dort als Segelflieger zu landen: Es gibt neben zahlreichen an Flieger zu vermieteten Chalets auch Gästezimmer für Außenlander, eine Allgemeinküche, ein Flugplatzrestaurant, zahlreiche deutsche Segelflieger und nicht zuletzt natürlich Klaus Ohlmann mit seinem täglichen ausführlichen Wetterbriefing (auf deutsch!)

Tja, und nachdem ich in der letzten Zeit öfters von der Hahnweide bis weit in den Jura und zurück geflogen war und nach dem Serres-Fluglager waren die Vorraussetzungen nun ziemlich gut, es einfach mal anzugehen. Und die geeignete Wetterlage bahnte sich viel früher an, als gedacht. Die gewittrige Luft über den Alpen und Süddeutschland sollte allmählich unter Hochdruckeinfluss gelangen und nach Osten abgedrängt werden. Und so konnte ich, kaum aus Serres zurück, zunehmend ernsthaft den Flug planen. Am Mittwoch war klar: es könnte, es müsste eigentlich klappen. Freitag hin, Samstag zurück. Günther hatte erfreulicher Weise nichts dagegen, schon wieder stand mir unser feiner Ventus als perfekter Flieger für so eine Unternehmung zur Verfügung. Natürlich wollte ich diesen Flug am liebsten zu zweit machen. Georg hatte sich diese Woche sowieso zum Fliegen frei genommen. Ein ganz klein wenig musste ich ihn dann doch überreden, aber schließlich war klar, wir ziehen das durch, Georg mit dem Vereins-Ventus „S2“ und ich mit dem Ventus „GK“. Britta übernahm dankenswerter Weise den Turmdienst von Georg am Samstag Nachmittag. Den Mittwoch und Donnerstag verbrachten wir beide mit intensiven Vorbereitungen: Kartenstudium, Funkfrequenzen rausschreiben, Route mit „SeeYou“ für den Hin-und Rückflug planen und in die Segelflugrechner programmieren und immer wieder Wetter checken. Wir schauten uns auf Youtube das Video „Wege nach Südfrankreich“ von „Late Night Soaring“ an. Markus Frank („Murks“) hat dort eine perfekte Gebrauchsanleitung für den Hinflug über das Schweizer Jura präsentiert. Für den Flug nach Frankreich mussten wir einen Flugplan aufgeben, ich habe uns als Formationsflug mit 2 Segelflugzeugen angemeldet und für die Flugzeiten habe ich unter Bemerkungen „all times are estimates depending on weather and gliding conditions“ geschrieben. Den Tipp bekam ich von Klaus Ohlmann. In Serres meldete ich unseren Besuch an, die Gästezimmer gingen klar, am Flugplatzrestaurant haben wir bei „Lison“ 2 Plätze reserviert. Georg reiste schon am Donnerstag aus Egelsbach an, machte noch mal sicherheitshalber einen Testflug mit der S2 und bereitete den Flieger bestmöglich vor. Wir waren beide überrascht, was ins „Gepäckfach“ alles reingeht: nicht nur die berühmte Zahnbürste und Unterhose sondern 2 Ladegeräte, Leder und Schwamm, Haubenbezug, Handtuch, Jacke, Proviant, passte alles problemlos rein.

Am Freitag hatten wir mit dem Schlepper 11 Uhr vereinbart, da begann der offizielle Flugplan. Früh standen wir voller Vorfreude auf, der Himmel war blau! Noch ein letztes Mal im PC-Met das Wetter checken, alles klar, mindestens 3 brauchbare Flugtage wurden vorhergesagt, der Samstag als Rückflugtag sogar noch besser als der Freitag. Als wir uns von zu Hause mit den Worten verabschiedeten „bis heute Abend, wir melden uns aus Serres“ kam uns das irgendwie unwirklich vor, so eine Reise mit dem Zug, Auto oder Verkehrsflugzeug, klar, aber mit dem Segelflugzeug? Mit geplantem Landeort? Irgendwie ist das schon ein seltsames Gefühl. Ein Hauch von Abenteuer halt!

Auf der Hahnweide angekommen, stellten wir fest, dass auch andere den Wetterbericht gelesen hatten. Es wurde fleißig aufgebaut, Tilo meldete ein 1000km-Dreieck rund um Stuttgart an! So gut hatte ich den Tag gar nicht eingeschätzt, aber besser so 🙂 Unser Vorhaben hatte sich schon rumgesprochen, alle wünschten uns viel Erfolg und Georg durfte als erster in der F-Schlepp Reihe starten! Britta als Flugleiterin und Günther halfen uns bestens bei den Startvorbereitungen, sogar unsere Autos wurden von Günther geparkt, welch eine Unterstützung und nochmals vielen Dank!

Der Hinflug

Das Wetter ließ einen früheren Start zu, Georg wurde schon um 10:20 Uhr geschleppt, also musste ich noch den Flugplan vorverlegen. Ich folgte 20 Minuten später, motorte hoch rauf, öffnete über Funk den Flugplan und flog gleich nach Südwesten ab. Georg war schon voraus, drehte nochmal um, und wir trafen uns dann am Übersberg. Von da an flogen wir im Teamflug, wir waren ja auch ein „formation flight“ 🙂

7 Std Flugzeit waren geplant, als späteste Überflugzeiten hatten wir 14 Uhr Flugplatz Hütten/Hotzenwald und 17 Uhr querab Genf anvisiert, alles mit tüchtig Reserve, wir konnten uns Zeit lassen, die Strecke ist „nur“ 595km lang.

Der erste Streckenabschnitt nach Hütten bereitete mir am meisten Sorgen, hier sollte es schon früh am Tag zu Überentwicklungen kommen. Tilo war vor uns gestartet und meldete hinter dem Klippeneck schon erste Tendenzen zu Schauern. Er hatte als erste Wende die Rothausbrauerei gewählt und flog über Blumberg dorthin. Wir folgten ihm und kamen entlang einer dicken Wolkenwurst recht gut vorwärts. Am Schluchsee und St. Blasien vorbei erreichten wir bereits um 12:20 Uhr den Flugplatz Hütten/Hotzenwald, also lang vor unserem Zeitlimit.

1. Schlüsselstelle: Vom Schwarzwald zum Jura

 Jetzt hieß es maximale Höhe zu machen für die Rheintal Überquerung zum Schweizer Jura. Höher als 1900m kamen wir aber nicht, also Gas rausnehmen und vorsichtig mit 120km/h gleiten, gleiten, gleiten. Völlig ruhige Luft umgab uns, die ersten Wölkchen standen wie immer erst über der Jura Kette. Georg verlor auf der Strecke etwas mehr Höhe als ich und er musste den ersten Aufwind am Jura knapp über Hangkante annehmen. Das gelang ihm aber gut und kurz darauf waren wir wieder gleich hoch und mit guter Wolkenoptik über dem Jura ging es jetzt gut gelaunt auf die vor uns liegende Rennstrecke. Basel Info gab die Tangosektoren frei und so hatten wir keine Höhenbeschränkungen mehr. Jetzt war klar: Umgedreht wird nicht mehr, das Wetter zu Hause interessierte uns nicht mehr, nur noch der Blick Richtung Ziel war jetzt relevant.  Der Bieler See, der Chasseral, der Neuenburger See zogen an uns vorbei. Die Basis stieg auf bis zu 2400 Meter an, so hatten wir eine sehr komfortable Arbeitshöhe. Am Genfer See gibt es einige Segelflugsektoren und es ist nicht ganz so einfach zu interpretieren, trotz einer Segelflug-ATIS, wo man wie hoch steigen darf. Also meldeten wir uns bei Genf Info, bekamen einen Transpondercode und eine sehr freundliche Fluglotsin unterstützte uns bestens: „please let me know if you need higher“. Es gelang ihr sogar bei Genf Radar eine Freigabe für uns zu organisieren, so dass wir westlich von Genf bis 7000Fuß anstatt der sonst möglichen 5500Fuß steigen durften. Damit war der Weg zum Grand Colombier deutlich vereinfacht, zumal bei Bellegard ein Schauer stand, den wir zwar umfliegen hätten können, aber mit 500 Meter mehr Höhe konnten wir locker auch ein Abwindfeld durchfliegen. Ein paar Tropfen bekamen wir ab, dafür waren unsere mit Mücken beschmutzten Tragflächen wieder blitzsauber und hinter dem Schauer lachte wieder die Sonne und kräftiges Steigen trug uns immer noch im leichten Regen wieder auf die maximalen 7000 Fuß. Dann ging es weiter zum Grand Colombier, einem der wichtigsten Berge auf der Route. Dort angekommen entwickelten sich gerade zum rechten Zeitpunkt kleine zerzauste Wolkenfetzchen. Hier konnten wir nun frei vom Genfer Luftraum wieder maximale Höhe kurbeln.

2. Schlüsselstelle: Vom Grand Colombier zur Chartreuse bei Chambery

Mit viel Geduld also stiegen wir mit mittelprächtigen Aufwinden schließlich auf stolze 2700Meter und so hieß es wieder langsam fliegen und gleiten, gleiten durch tote Luftmassen. Der Lac de Bourget zog an uns vorbei, was für ein herrlicher Anblick! Die Chartreuse rückte langsam näher. Kurz vor Chambery noch vor dem eigentlichen Höhenzug der Chartreuse konnten wir noch ein wenig Höhe dazu machen und so kamen wir genau in Hangkantenhöhe am ersten Hang der Chartreuse an. Die Basis war aber deutlich niedriger als vorhergesagt und sank auf Kurs sogar noch teils unter Hangkante ab. Im Süden im Zielgebiet waren ein paar Gewitterambosse zu sehen, so dass zumindest ganz leichte Zweifel aufkamen, ob wir gut durchkommen würden. Andererseits war es erst 15:30 Uhr, wir hatten also noch massig Zeit und konnten jederzeit auch irgendwo parken, falls es nicht weiter gegangen wäre. Letztendlich lief dann die Chartreuse aber doch besser als gedacht, wir mussten halt teils über und neben den tiefer liegenden Wolken vorbei und hatten somit nur beschränkte Sicht nach vorne Richtung Ziel. An der Chamechaude, dem Hotspot der Chartreuse kurz vor Grenoble fanden wir kein Steigen an der üblichen Stelle, dann aber etwas westlich davon schließlich doch ging es mühsam und langsam mit 0,7m/s rauf auf 2100 Meter, mehr war nicht rauszuholen.

3. Schlüsselstelle: Talquerung bei Grenoble zum Einstieg in den Vercors

Und ein drittes Mal hieß es vorsichtig und langsam gleiten. Den Vercors im Blick sahen wir deutlich die dicke Tal-Inversion über Grenoble. Jetzt bloß nicht in diese Suppe reinsinken bevor die nächsten Hänge erreicht werden. Aber schließlich hatten wir bei der Talquerung richtig Glück und haben eine tragende Linie gefunden. Somit bekamen wir problemlos Anschluss an den Vercors, die Basis stieg an und mit Ihr wir mit unseren beiden Seglern im Geradeausflug. Wie im Parcours ging es jetzt zügig voran über diese herrliche Landschaft mit Ihren steil abfallenden Felswänden und Monolithen nach Osten und einem flachen auf eine Hochebene auslaufenden dicht bewaldeten Hang nach Westen, unbesiedelt und als Naturschutzgebiet deklariert. Noch in dieser Geradeausflugphase zeigten unsere Rechner zum ersten Mal „Endanflughöhe erreicht“. Doch ein direkter Weiterflug nach Serres war nicht möglich. Vor uns wurde es deutlich dunkler, zwischen der Glandasse und dem Pic de Bure stand ein Schauer. So holten wir im Westen aus, wo es noch genug Sonneneinstrahlung gab. An der Glandasse vorbei sahen wir Richtung Serres einen weiteren fetten Schauer stehen. Das beunruhigte uns aber wenig, denn wir waren früh dran, hatten genug Höhe und konnten im Bedarfsfall lange parken, bis der Schauer abzog. Nach einer längeren Gleitstrecke, fanden wir wieder Steigen, klassisch an einem Sonnenhang mit Wolke drüber. Nach unglaublichen 5m/s Steigen konnten wir uns aus 2400 Meter mit 1000Meter Sicherheit dem Flugplatz Serres nähern. Schließlich konnten wir feststellen, dass der doch recht kräftige Schauer knapp südlich vom Platz mit Zugrichtung Süd eine sichere Landung nicht verhindern konnte 🙂 Es war erst 16:50 Uhr, klar wir hätten noch ein bisschen in der Gegend rumfliegen können, waren uns dann aber schnell einig, lieber gleich zu landen und gemütlich anzukommen.

Der Aufenthalt in Serres

Grundsätzlich landet man in Serres nach Süden und startet nach Norden. Just zu unserer Ankunft wurde von Michele, dem Flugplatzchef, die Bahn gemäht, gerade rechtzeitig nahm er uns wahr und entfernte sich, als wir im Endteil waren, mit seinem Traktor von der Landebahnmitte. Wir rollten lange aus und kamen schließlich direkt vor dem Flugplatz Restaurant von Lison zum Stehen. Haube auf und als erstes atmeten wir den warmen Duft der Provence ein, herrlich. Leute, was für ein Glücksgefühl, unbeschreiblich. Im Schnelldurchlauf durchdenkt man noch mal den Flug mit seinen vollkommen verschiedenen Landschaften und Wetterräumen: die Schwäbische Alb, der Südschwarzwald, der Rhein, der Jura, die Chartreuse und zum Schluß der Vercors und die Provence. Schnell waren wir obendrein, 100er Schnitt, obwohl wir gemütlich fliegen wollten, es ging halt so gut 🙂 Dann nahmen wir vor Lisons Restaurant einen VW-Bus wahr und eine Band packte gerade Ihr Equipment aus! Nee, was? Ausgerechnet heute spielt ne Band? Wie geil ist das denn? Manchmal passt einfach alles perfekt! Also putzten wir die Flieger, stellten Sie schön dekorativ etwas abseits neben die Kneipe und liefen zu den Chalets rüber, um nach dem Gästezimmer Ausschau zu halten. Dort trafen wir Gerhard, Markus und Erwin, die ich die Woche zuvor kennengelernt habe und noch eine Woche länger geblieben waren.  Sie freuten sich über unseren erfolgreichen Flug, waren aber auch etwas erstaunt, weil sie selbst gar nicht geflogen waren: zu schlechtes Wetter! Unser Gästezimmer war vorbereitet, kurz Duschen und ab ging es zu Lison, wo die Band bereits mit recht vielversprechenden Soundchecks zu spielen begann. Der Abend war einfach zu schön, nach und nach kamen immer mehr Leute, die wenigsten waren Flieger, mehr so aus der sagen wir Flower Power Szene. Das Essen war köstlich, und es war noch  lange sonnig und warm. Vor uns tanzten die Leute (selbstverständlich stets mit 1,5m Abstand) ausgelassen auf der Flugplatzwiese. Die Band war wirklich Spitze . Georg und ich lieben ja solche Konzerte. Und sogar Klaus Ohlmann kam dann noch und setzte sich zu uns an den Tisch und es wurde noch lange über Elektrofliegerei und Visionen gefachsimpelt.

Der Rückflug

Markus lud uns zum Frühstück ein und später bekamen wir von Klaus ein ausführliches Wetterbriefing und speziell für uns die zu erwartenden Bedingungen für unseren Rückflug. Er riet zu einem Start nicht vor 11 Uhr. Am besten war aber, dass der Königsweg über das Matterhorn gut möglich schien. Auch diese Route hatten Georg und ich vorbereitet und Sie war sozusagen als Aufgabe B alternativ zur Jura-Route bereits im LX9000 programmiert. Wir beide kennen den Weg bis zum Furka-Pass gut, neu würde für uns der Abzweig über den Grimsel Pass und den Napf nach Olten werden. Auch hier sagte Toptherm gute Bedingungen voraus. Für das Oberwallis wurden Basishöhen von knapp 4000Meter vorhergesagt. Wir beschlossen also es zu probieren, falls das Modane-Tal wie so oft den Weiterflug verhindern würde, könnte man immer noch Richtung Chambery raus gleiten und die klassische Jura Route nehmen. Die F-Schlepp Schlange bestand aus nur 3 Flugzeugen, Georg durfte als erster starten, ich folgte ihm unmittelbar im Eigenstart um kurz nach 11 Uhr. Den Flugplan konnte ich dieses Mal nicht über Funk eröffnen, bei Marseille Info war niemand zu ereichen. (Eröffnen heißt übrigens nur Startzeit durchgeben). Wie gut, dass man in den Bergen meistens guten Handy Empfang hat und ich die richtige Nummer gespeichert hatte. Der Aufstieg in Platznähe gestaltete sich recht schwierig, erst nach mühsamen 45 Minuten hatten wir beide die nötige Ausgangshöhe erreicht, um uns auf den Weg zu machen. Es ging daraufhin am Pic de Bure vorbei nach Osten und nach langem Gleiten erreichten wir zwar unter Hangkante aber mit zuverlässigen Steigen den Pic des Chabrières, von da aus ging es klassisch, wie wenn man vom Parcours zurück kommt, über den Guillaume, die Clotinaille, und den Furon nach St. Crépin. Aus irgendeinem Grund flogen wir dann nicht den allseits bekannten Haushang von St. Crépin, den Prachaval an, sondern blieben auf der Westseite, verloren dort wieder unnötig viel Zeit in schwachen Aufwinden, bis endlich einer von uns auf die richtige Idee kam es wie immer über die „Schildkröte“ (tête du peyron) zu probieren. Und die geht seit dem wir dort fliegen zu 90 Prozent so: mit 150 auf den Grat/die Nase, die ins Tal runterführt, zufliegen, direkt über dem Grat 45 Grad Schräglage nach links und schön durchziehen, dann drin bleiben, auch wenn es anfangs nur ein Nullschieber ist. Bei uns ging es aber sofort gut rauf und kurz darauf waren wir an der „Pyramide“ auf 3400m, endlich! Nach 2 Std Flugzeit, 50er Schnitt. Uns war klar, ab jetzt mussten wir deutlich schneller werden, sonst würde es nichts mehr werden mit Matterhorn und Co. Tja, und dann lief es auch wie geschmiert, die Bedingungen waren so wie wir es von unseren St.Crépin Fluglagern kennen. Nördlich von St. Crépin geht´s halt immer am besten. Also flogen wir über Briancon und Bardonechia ins Modane Tal. Die Nordseite sah gut aus und Richtung Grand Paradiso sah es brauchbar aus, nicht hammermäßig, aber fliegbar. Auch ohne Hammerbärte und Basis bei „nur“ 3400Meter ging es stets über Hangkante bequem und zügig weiter. Jetzt halfen uns natürlich die zahlreichen Flüge ans Matterhorn sehr. Man fühlt sich in bekanntem Terrain einfach wohler und kennt die Hotspots ,die Landemöglichkeiten und Lufträume. Nur die Optik mit wesentlich mehr Schnee auf den Bergen sah im Vergleich zum August etwas ungewohnt aus, dafür aber umso schöner! Am Grand Paradiso mussten wir kaum kreisen, die Hänge trugen gut im Westwind. Das Tal von Aosta war schnell gequert, endlich mal ohne das vorsichtige langsame Gleiten, denn die Wolken Richtung Matterhorn sahen gut aus und zogen zuverlässig. Die nötige Höhe zum Passieren des Matterhorns holten wir uns etwas unkonventionell mitten über dem Tal bei Cervinia. Tja und dann war der Höhepunkt des Fluges erreicht: das Mattertal! Zunächst konzentrierten wir uns auf den nächsten Aufwind, den wir dann auch  am Gornergrat fanden. Es gab auf dem ganzen Flug bestimmt keine schönere Stelle zum Kreisen. Die Gletscherwelt Richtung Monte Rosa ist einfach immer wieder faszinierend, besonders aus der Perspektive eines Segelflugzeugs. Das Matterhorn strahlte uns von seiner schönsten „Postkartenseite“ an. Es war genau 3 Uhr, wir hatten gut aufgeholt und lagen wieder im Zeitplan. Das Oberwallis lief auf der Südseite des Rhonetals gut, wir bemühten uns nun zunehmend gut oben zu bleiben, je näher wir dem Grimselpass hinter Münster kamen. Hier wollten wir möglichst mit maximaler Höhe abfliegen, was uns dann auch mit 3700Metern gelang. Jetzt hieß es Abschied nehmen vom Wallis mit der glasklaren Luft. Nördlich vom Grimselpass, wurde es deutlich dunstiger, die Basis sank entsprechend ab. Im LX hatten wir einen Punkt im Jura etwas westlich von Olten programmiert. Das half uns sehr in der dunstigen Luft die richtige Richtung einzuschlagen. Bei Zürich Info bekam ich die Information, dass der Militärflugplatz Meiringen , es war Samstag, außer Betrieb war und somit der Luftraum darüber ohne Einschränkungen nutzbar. Kaum hatten wir Meiringen und den Brienzersee passiert wurde die Sicht deutlich besser und die Wolkenoptik sah hervorragend aus. Denn, so sagte man uns, der Weg über den Napf und das Mittelland zum Jura ist oft zäh und mühsam. Die Wolken zogen zwar nicht so gut, wie sie aussahen, aber wir erreichten Olten dann doch in sehr komfortablen 1700Metern und natürlich gab es an der Jura Kante wieder gutes Steigen. Jetzt noch kurz den Sprung zurück in den Schwarzwald und dann ab nach Hause, so dachten wir es uns. Tja, und dann wurde es immer dunkler, bedeckter und schattiger voraus. Der gesamte Südschwarzwald war komplett bedeckt. Wie schade. Wir erreichten den Flugplatz Hütten in Platzrundenhöhe, der Hang trug zwar, aber an ein Weiterkommen war nicht zu denken, keine Chance. Das war so nicht vorhergesagt. Es schien weiter nordöstlich sogar zu regnen. Ok, egal, genau dafür hat man ja den Motor. Georg zündete direkt am Flugplatz, ich versuchte noch die Hänge bei Schönau, gab dann  aber auch auf und zündete. Leider kam der Motor der S2 nicht auf Leistung und so blieb Georg nichts anderes übrig als in Hütten zu Landen. Dort wurde er aber freudig empfangen, sind wir doch von früheren Wettbewerben dort (lang ist´s her) alte Bekannte. Sogleich wurde ein Rückschlepp für ihn organisiert. Ich konnte den Motor kurz vor Villingen schon wieder ausmachen, denn da gab es wieder Einstrahlung und 4 Achtel Cumulus. Es wehte ein kräftiger Nordwestwind und mit schwächsten 0,5 er Bärten schlich ich mich zum Plettenberg rüber, den ich knapp über Hangkante erreichte. 30km/h Nordwest sind ohne Regen eine Seltenheit und ideale Bedingungen zum Hangfliegen, wie Tilo weiß. Ich versuchte dann gar nicht mehr die zerrissene Thermik auszukurbeln sondern flog von da an die letzten 60km im Hangflug zurück zur Hahnweide. Das war noch mal eine mordsgaudi und für mich auch das erste Mal, die gesamte Albkante im Hangwind zu erfliegen. Am Farrenberg vorbei erschien wieder die S2 im Flarmdisplay, 600Meter über mir und so landeten wir letztendlich wieder beisammen kurz hintereinander um 18.45 Uhr auf der Hahnweide.

Etwas erschöpft, aber überglücklich und vor allem in dem Bewußtsein, zwei unvergessliche Tage mit sensationellen Flügen erlebt zu haben, bauten wir unsere Flieger mit Hilfe unserer Vereinsjugend, die uns schon erwartete, ab. Diese beiden Tage werden wir bestimmt nie vergessen.

Categories:

Tags:

Comments are closed