Thomas hat mich wieder zum Mitfliegen eingeladen – das Wetter war schon die ganzen letzten Wochen top – und war noch für unseren Flugtag gut vorhergesagt.

Der Motor des Motorseglers ist mit dem Kaltstartprozedere sofort angelaufen. Der Flug über das flache Land war optisch durch leichten Dunst wenig attraktiv – deshalb gibt’s davon keine Bilder. Ich bemühte mich daher, die von Thomas gegebene Aufgabe hinzukriegen: Bis zu den ersten Bergen auf 8500 ft Höhe zu sein. Ich rechne im Kopf: Wir brauchen nach dem Navi bis zu den Voralpen noch 75 min und sind aktuell 3000 ft hoch. Also 4500 ft / 75min = 60 ft/min. Umrechnung ft/min in m/s bedeutet durch 200 teilen: 60 / 200 = 0,3 m/s. Wir steigen deshalb mit 0,3 m/s und ich mache unterwegs Kontrollrechnungen. Zur Übung auch. Es passt gut – inzwischen ist der Dunst weg und wir können schon 30 km vor den ersten Bergen die Staubewölkung auf der Südseite der Alpen sehen.

Thomas funkt mit Langen Info – und die Lotsin ist so gut gelaunt, dass es Spass macht, dem Funk zu folgen. Wir sind nicht das einzige Flugzeug mit dem Ziel Zell am See. Wir sehen den Ammersee, Starnberger See, Kochelsee, Walchensee, Tegernsee, Schliersee, Spitzingsee – eine herrliche Gegend ist das!

Unser Kurs trifft direkt auf Kufstein – und gleich hinter dem Pendling (so heißt der Höhenzug nördlich vom Tal) sehen wir den Platz neben dem Inn. In Kufstein hat der SCS ab 1955 ein paar Jahre Fluglager gemacht und das Gebirgsfliegen gelernt. Dann umrunden wir den Wilden Kaiser Richtung Osten, überfliegen den Flugplatz St. Johann und melden uns in Zell am See über Saalfelden am Steinernen Meer. Wir sind die Nummer 3 und landen auf der 25. Unser Abstellplatz im Osten auf Gras ist gut gewässert – wir sind guter Hoffnung, dass wir das Stuttgarter Federle schon wieder aus der Sumpfwiese rausbekommen. Nach Zell am See könnte man auch viel tiefer fliegen. Einfliegender und ausfliegender Verkehr ist gestaffelt um Kollisionen zu vermeiden. Wir brauchen Minimum 4000 ft bis Mitte See – wir hatten 4200 ft – die Täler sind nicht höher als 900 m – also 1500 m reicht. Die Route müsste nur den Tälern folgen.

Neben uns parken 2 Piloten vom Farrenberg – und wir erledigen gleich noch das gegenseitige Piloten/Flugzeugfoto mit dem Kitzsteinhorn im Hintergrund! Die geparkten Flugzeuge sind toll: Bonanza mit Propellerturbine, daneben eine Aerostar 700P. 2X350hp Avco Lycoming TIO-540-U2A, Reise 402km/h im Sparflug. Die beiden 6 Zylinder mit Turbolader verspeisen zusammen im 60% Reiseflug 121 L/Stunde. Die Aerostar gilt als die schnellste 2 Mot. Mit einer ganz groben Rechnung kann ich zeigen, dass die Spritkosten für einen Flug Hahnweide – Juist mit der Aerostar gleich sind wie mit dem Mose – pro Person. Das Schwierige ist dafür aber, dass man für die Aerostar 8 Zahlende finden muss – beim Mose nur zwei. Schwierig schwierig! Ein Superteil – für so was ist’s aber wohl gut, wenn man schon mal im Lotto gewonnen hat.

Dann stehen auf dem betonierten Vorfeld zwei Pilatus PC12 – wie aus dem Ei gepellt! Wir schlendern an der Flightline weiter und bewundern die schicken Flugmaschinen: Shark, Fascination, FK 12, FK 9 MkV und eine Van’s RV6 aus Heubach. Die RV 6 ist ein Baukastenflugzeug, Zweisitzer mit 160PS, Reise 320km/h.

Das Restaurant ist gut besucht und wir finden Platz am Tisch von Max und seinem Fluggast. Sie kamen mit der FK 9 MkV aus Bad Enddorf – Max ist 85 Jahre alt und hat uns gut unterhalten. Er kommt dieses Jahr schon das 4te Mal nach Zell am See – weil es so schön ist. Endorf ist ein Privatplatz zwischen Rosenheim und dem Chiemsee. Ich wollte da schon mal landen. Unser Propeller hatte ein Problem und der Plan war so: Ich fliege nach Endorf, baue den Propeller ab, werde abgeholt von der Fa. Hoffmann, der Propeller wird untersucht und repariert, wir fahren wieder zum Platz, ich baue an – und dann kam der wunde Punkt: Der Bauprüfer war nicht verfügbar. Die Landegenehmigung hatte ich erhalten. So ist’s eine Autofahrt geworden mit gemütlichen Stunden am See.

Zell am See ist wirklich schön. Der Anflug über Seefelden ist am schönsten, weil er über den See führt. Das Restaurant hat sehr gut Speisen und direkt vor der Terasse machen die Fallschirmspringerinnen und Springer Programm. Extra für uns Zuschauer. Die Landungen kann man beobachten und hinterher staunen, wie flott die Matratzen wieder verpackt sind.

Mit der Hilfe eines anderen Piloten zerren wir den Mose von Hand wieder auf den harten Boden und machen uns fertig. Der Türmer bittet uns, vor dem los rollen noch die Absetzmaschine vorbei zu lassen. Machen wir gerne. Es hat eng ausgesehen – und ist gut gegangen.

Thomas hat einen Plan für den Steigflug nach Westen: vor dem Meldepunkt Foxtrot sollen wir 7500ft haben. Da denke ich an ein paar Schleifen im Tal – aber wir steigen gut mit 5 m/s am Nordhang der Hohen Tauern. Der Motor läuft mit Steigstellung des Propellers volle Kanne und mehr als die Hälfte von den 5 m/s bringen uns die Thermik und der Hangaufwind am Südhang der Schmittenhöhe. Und wir erreichen die 7500 ft – neben uns fliegt ein Discus. Thomas möchte von Osten kommend über den Flugplatz Innsbruck die India Route abfliegen und direkt zur Zugspitze fliegen (über Foxtrot – direkt Mike 3 – India – Whisey 2 – direkt Hotel) – aber unsere freundliche Kontrollerin von Innsbruck Radar sagt uns einen neuen Kurs an: Foxtrot direkt Mike 1 nach Norden übers Karwendel – wegen dem Föhn. Ich hab’s nicht verstanden – aber die Kontrollerin war freundlich und hat uns gefragt, ob wir weiter steigen auf 9000ft. Wollen täten wir schon, konnten aber nicht. Wir mussten beim Queren des Inntals auch starke Abwindfelder durchfliegen – und so sind wir mit 2200 U/min gerade noch auf 8000ft gekommen. Aber dann hat uns auch schon das Gebirge wieder frei gegeben.

Zuhause habe ich dann über die schwindende Motorleistung der nicht aufgeladenen Verbrennungsmotoren nachgelesen. Im Aerokurier steht eine Faustformel: pro 600m hat der Motor 10% weniger Leistung. Wir hatten 2400m – das sind dann minus 40%. Jetzt müssen wir mal Flugversuche über der Hahnweide mit reduzierter Drehzahl machen und die zugehörige Steigleistung ermitteln. Die Leistung zur Drehzahl kriegen wir aus einem Messblatt von Fa. Grob vom Motorenprüfstand. Die Absolutwerte werden nicht stimmen, es kommt zu nächst mal nur auf die relativen Änderungen an.

Mit dem geringen Sauerstoffgehalt in der Höhe hängt auch die Angabe der Dienstgipfelhöhe zusammen – das Flugzeug steigt noch mit 0,5 m/s, bei maximaler Motorleistung und maximaler Beladung. Für Motorflugzeuge ohne Lader sind das ca. 4000m. In der Höhe kriegen die Piloten wie der Motor Sauerstoffmangel. Technische Abhilfe zum Erhalt der Leistung in der Höhe ist als erste Wahl der geregelte Turbolader. Früher hatte man andere Lösungen: Überverdichtung und Überbemessung. Die Motoren durfte man in Bodennähe nur gedrosselt betreiben. Das ist schon eine heiße Sache – in der falschen Höhe Vollgas geben und der Motor ist futsch! 1916 hat die Fa. Maybach auf dem Wendelstein Einen Prüfstand betrieben um das Höhenverhalten der Motoren zu studieren (Die deutsche Luftfahrt Flugmotoren und Strahltriebwerke, Kyrill von Gersdorff Kurt Gassmann Helmut Schubert).

Altes Beispiel zu den Möglichkeiten der nicht aufgeladenen Motoren. Franz war mit mir und dem Duo Discus T hinter dem Monte Viso über den Pass nach Italien geflogen. Aufwinde hinter dem Pass waren nicht da. Es war klar, dass es nix bringt, den Motor auszufahren – weil er in der Höhe keine Leistung mehr hat. Ich sollte Pässe finden, die niedriger sind – gibt’s leider nicht. Aber Franz hat am Hang im Schatten einen Aufwind zentriert und uns vor einer Übernachtung in Italien gerettet.

Während dem ganzen Flug haben wir das Thermometer der Außentemperatur mit seiner Warnlampe für zu erwartende Vergaservereisung beachtet – und bei leuchtender Lampe die Vergaservorwärmung gezogen. Wir hatten keine Probleme mit Vergaservereisung.

Wir kommen zurück zur Landung auf der Hahnweide und dürfen jetzt wieder was lernen: Der Pilot hat für seine Aktionen volle Verantwortung – wie schon immer nach den NFL’s. Der Betriebsleiter auf dem Turm – früher war er Flugleiter – gibt keine Anweisungen mehr. Anfliegende Piloten müssen die Reihenfolge bei der Landung selbst untereinander ausmachen. Der Grund ist, dass die Einführung der Regeln für Fliegen ohne Betriebsleiter kommen werden und die Pilotinnen und Piloten die Eigenverantwortung verinnerlichen müssen. Die Hoffnung dabei ist, dass die Unfallzahlen durch gesteigertes Bewußtsein der eigenen Verantwortung zurückgehen.

Und noch eine Neuerung gibt’s. Wir waren mit Flugplan unterwegs – zur Übung und nicht weil’s für Zell am See gefordert wäre. Früher hätte ich per Funk kurz vor der Teck AIS gebeten, den Flugplan zu schließen. Das geht immer noch, aber Thomas macht das nach der Landung ganz entspannt mit seinem Rechner und dem Planungsprogramm SkyDemon.

Text und Bilder: Thomas und woki

Lech bei Reichling
von links: Riegsee, Staffelsee
Vor der Bergkette ist der Kochelsee, eingehegt der Walchensee und im Hintergrund die Staubewölkung.
Lenggries
Achensee
Tegernsee
Schloss Tegernsee
Ein ruhiger Ort – wenn wir mit TB wieder weg sind.
Spitzingsee. Trägt das Eis? Es ist jedenfalls kein Mensch auf dem Eis.
Skigebiet im Inntal, östlich von Innsbruck. Am Horizont sehen wir die Staubewölkung am Hauptkamm.
Inntal bei Kufstein
Weissach mit Inn – gleich neben Kufstein
Flugplatzrätsel 1
Mit Kunstschnee geht’s noch.
Piste von St. Johann in Tirol
Kitzbüheler Horn mit Sendeturm
Leogang Bergbahn
Zeller See
Zell am See mit Friedhof
Zell am See
In den See ragend das Grand Hotel.
Flugplatz mit Piste 25/07. Die alte Bahn kann auch sehen – sie ist knapp 30° Richtung Schüttdorf gedreht.
Endteil 25
im Hintergrund das Kitzsteinhorn
Bonanza mit Turbine
Aerostar 700P mit 2X350hp, Reise 402km/h im Sparflug
Bölkow 209 Monsun
Tandemspringer
Absetzflugzeug Short SC.7 Skyvan
I ben ned naigschdiga – i hann ja koin Schirm drbei ghed!
Pilatus PC12
Vans RV6 aus Heubach – Reise 288km/h. Das nach hinten geneigten Hauptfahrwerk sieht schnell aus!
Im Restaurant Die Fliegerei gibt’s Kaiserschmarrn für mich.
Omas Kaspressknödel Rindssupp’n Schüss’l für Thomas
Ein Apfelstrudel geht noch. Karte Fliegerei.xlsx
Jetzt kommt der Kraftakt – zu dritt haben wir den Mose aus der nassen Wiese wieder raus gezerrt.
Huch – ganz schön groß und so nah bei uns!
Karwendelgebirge
Discus
Discus 2c FES der Segelfluggruppe Isartal e.V.
von links: woki und Thomas
Die Vereisungswarnung leuchtet – Vergaservorwärmung ziehen.
Sylvensteinsee
Isarmündung in den See
Walchensee und vor dem Vorgebirge der Kochelsee
Flugplatzrätsel 2
von links: Bannwaldsee Forggensee Hopfensee, dahinter Weißensee
Das sieht nach geglückter Landung aus.
Reußenstein
dr gälbe Fels!

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