Immanuel, 16.4.2004

Franz hatte mich gebeten ein paar Zeilen über das Fluglager im italienischen Sondrio zu schreiben.
Ich nehme es schon einmal vorneweg – es war spitze.

Mit guter Laune und Vorfreude auf eine hoffentlich fliegerisch ereignisreiche Woche fuhren wir los. Frank zog unser jüngstes Baby, die ASW 28, nachdem die Überflugrechte für Italien erteilt worden waren.
Eine Einweisungsbestätigung erhielten wir per Fax von Michael Greiner der Firma Schleicher und wurden gebeten als „Unvoreingenommene Leistungspiloten“ (stark – oder?) unsere Erfahrungen weiterzugeben.
Florian hatte die S4 an der Kupplung und ich die 9C.
Franz folgte mit ein paar Stunden Abstand nachdem er sich von einem Nachtflug erholt hatte.
Damenwelt aufgepasst: Wir trafen uns in Bregenz vor dem Fabrikverkauf der Firma Wolford. Absolut zu empfehlen !!
Danach Tankstop in der berühmten Raststätte „Heidiland“ in der Schweiz.

Der Laden war sehr voll und es gab nur Platz am Tisch einer Blondine, die Florian schon beim Tanken aufgefallen war. Später stellte sich heraus, dass ihr Partner, eine Mischung aus Pierce Brosnan und Jeff Goldblum, es auch mal mit Segelfliegen auf einer Röhnlerche probiert hatte.
Die Fahrt war insgesamt problemlos und wir genossen die herrliche Landschaft besonders am Julier und Bernina.
Wir stellten die Flieger ab und begaben uns in die Unterkunft zu Osvaldo, den ja einige von euch kennen. Am späten Abend kam Franz hinzu und nun war die Welt in Ordnung, denn Franz spricht italienisch und somit konnte auch Osvaldos Frau Tiziana (die den Franz über alles verehrt), sich mit uns unterhalten.
Die Zimmer im gegenüberliegenden Gebäude sind echt ok.
Das Frühstück für leistungsorientierte Piloten ist etwas mager aber das Abendessen – ich sag es euch – italienische Küche vom Feinsten.

Briefing war jeden Morgen pünktlich um 10 Uhr und wir begrüßten die alten Hasen Peter Hattenkerl, Ingo Renner und Christoph Schneider, die uns dann versuchten das Wetter schön zu reden.
Da ich erst einen Start mit Fluglehrer machen wollte, einigten wir uns darauf, dass Franz mit mir flog, Florian mit der 9C und Frank machte seinen ersten Erprobungsflug mit der ASW 28.
Ich kann euch allen empfehlen hier zu fliegen.
Der Flugplatz Caiolo/Sondrio liegt in einem Tal unterhalb den Hängen des Valtellina, die nicht nur dem Weinanbau dienen sondern auch sehr gute Hangthermik bieten.
Fliegt man mit Westkurs diese Hänge entlang, taucht vor einem die Nordspitze des Comersees auf. Sehr stimmungsvoll !
In Richtung Osten fliegt man dann auf die andere Seite des Tals, an den Aprica mit seinem ausgedehnten Skigebiet. Oder von der Stadt Sondrio aus nach Norden in das Bernina Gebirge. Einfach grandios. Das alles spielt sich in einem Umkreis von 30 – 40 km ab und ist aufgrund der Operationshöhe zwischen 1800m und 3000m für den Einstieg in den Alpensegelflug geradezu ideal.
Das Einordnen und Anfliegen des Platzes selbst ist unproblematisch. Nicht zu unterschätzen ist der meist kräftige Wind. Beim Briefing wird man gebeten im Endanflug auf die 27 möglichst hoch anzufliegen. Warum ? Weil man direkt an den Flugplatz einen Golfplatz gebaut hat und sich die Maserattifahrer beim putten gestört fühlen wenn man zu tief anfliegt. Danke auch.
Hoffentlich kommt keiner von euch auf die Idee hier gezielten Pinkeltütenabwurf zu üben. Bitte nicht zu ernst nehmen, ist alles völlig entspannt, zumal der Capuccino mit 1,60¤ im Clubhaus der Golfer ok ist.
Am nächsten Tag gelang Franz und Frank im DUO ein Flug über 600 km bis zum Monte Viso.
So mancher wird diesen Berg von St.Crepin kennen.
Das war von den Bedingungen her der beste Tag mit einer Basis von 3800m.
Von da ab wurde das Wetter immer bescheidener und wir hofften vergebens auf eine Welle. Zum Glück hatten wir jeden Tag einen Grund zu feiern, denn entweder machte einer von uns seinen ersten Flug mit der ASW oder ein anderer hatte die längste Erfahrung auf diesem Muster.

Konnten wir nicht fliegen, war am Vormittag basteln angesagt.
Danach Ausflug nach Como mit Abstecher zu Fabrikverkäufen von Levis, Doggers und Armani. Auch das war ein Erlebnis.
An einem Abend saßen wir zu viert auf einem Zimmer und machten eine Computersession mit Loggerauswertung, Bildertausch, Einrichten von Bildbearbeitungssoftware, Film schauen über Segelfliegen in England u.s.w.

Freitagabend war Disco angesagt. Nach längere Beratung mit Tiziana entschlossen wir uns für das „il Matador“. Ich sag es euch: Total cool der Laden.
Am nächsten Morgen schafften es nur Frank und Florian beim Briefing zu erscheinen.
Doch das Wetter entwickelte sich am Mittag recht gut und schließlich waren wir alle noch in der Luft.
Neben der fantastischen Fliegerei hatte dieser Aufenthalt aus meiner Sicht noch eine weitere sehr schöne Seite: Die Kameradschaft.
Franz, der andere gerne an seinem fliegerischen Können teilhaben lässt. Frank, der mit seinem versteckten Humor immer parat war zu helfen.
Und Florian der high-tech-equipped, kritisch sein Umfeld beobachtete, um dann jedes (nicht nur technische) Problem zur Kleinigkeit werden zu lassen.

Euer Fliegerkamerad Immanuel

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